Geschichte und Tradition der Schützengilde
Rund um die Eutiner Schützengilde gibt es viel Wissenswertes zu erfahren.
Schützengilden entstanden in einer Zeit, als Fürsten und Adel die emporblühenden Städte immer mehr bedrückten. Die Bürger, in ihrem Streben nach Selbstständigkeit dadurch behindert, fassten endlich den Mut, sich dagegen zu wehren. So entstanden meistens aus den Zünften der einzelnen Gewerke heraus Vereine, die sich in der Handhabung mit Waffen, nach der Erfindung des Schießpulvers, an den Feuerwaffen übte, um Angriffe abzuwehren.
In unserem Eutin war die Entstehung der Gilde durch weitere Entwicklungen geprägt. Die Christianisierung war erst spät nach Holstein gelangt. Erst 1149 beginnt mit Vicelin die kirchliche Organisation. Die Marienverehrung fand hier einen nahrhaften Boden. Hieraus entstanden Gilden und Bruderschaften, so die große und kleine Gilde, „in unserer leewen Frouwen Broderschop“, die Kalands- und die Bruderschaft des heiligen Antonius, in der damaligen „steden Utin“.
Geschichte und Historie der Gilde
Das Gründungsjahr einer Schützengilde in Eutin lässt sich nicht mehr eindeutig bestimmen. Die erste schriftliche Erwähnung einer wieder aufgerichteten Eutiner Schützengilde datiert aus dem Jahr 1668. Mit dieser offiziellen Erwähnung ist die Eutiner Schützengilde die älteste, heute noch bestehende, Bürgervereinigung unserer Heimatstadt Eutin.
Ziele und Werte
Die Bewahrung von gewachsenen Traditionen und überliefertem Brauchtum sind auch heute noch Ziele der Gildebruderschaft. Dazu kommen die Pflege der Kameradschaft, des gemeinschaftlichen Für- und Miteinanders und nicht zuletzt die Erhaltung und Verwaltung des der Gilde anvertrauten Eigentums, das aus Haus- und Grundbesitz am Vogelberg sowie dem wertvollen Gildeschatz im Eutiner Schloss besteht. Die Bruderschaft bietet die Chance, in einem traditionell ausgerichteten Verein neue und interessante Kontakte zu bekommen. Geboten wird ein geselliges Miteinander getreu dem Motto: „Seid Fröhlich“.
Unser Bürgervogelschießen
Den Höhepunkt des Gildejahres bildet das Vogelschießen am 2. Juliwochenende auf Dechantshorst, unserem „Vogelberg“.
Schon seit der ersten Erwähnung bestand der traditionelle Brauch, anlässlich eines öffentlichen Festes auf einen nachgebildeten bunten Vogel zu schießen, damals Papagoy (Papagei) genannt. Bis heute wurde dieses beibehalten und alljährlich werden hierfür in filigraner Holzarbeit die Holzvögel von Gildetischlern und -malern erstellt.
Seit Jahrhunderten wird aus großkalibrigen Vorderladergewehren mit Schwarzpulver und Bleikugeln geschossen. Ab 1895 wird zusätzlich auf einen zweiten, kleinen Vogel, geschossen und so die „Kleine Majestät“, der sogenannte kleinere Spaßkönig, ermittelt.
Schützenbrüder sagen: „Man kann nicht in die Gilde eintreten, man wird aufgenommen!“
Auszug aus der traditionellen Gilderolle (Satzung):
Zutritt zur Gilde hat jeder Bürger, der in der Stadt Eutin geboren ist oder mindestens seit 3 Jahren in der Stadt oder den angrenzenden Gemeinden seinen Wohnsitz hat.
Das Aufnahmegesuch ist von zwei Schützenbrüdern als Bürgen zu unterschreiben.
Der Aufnahmesuchende ist in einer Abstimmung durch die traditionelle „Ballotage“ unterworfen.
Bei Interesse nehmen Sie einfach Kontakt mit einem Schützenbruder auf oder melden sich direkt bei einem der Vorsteher.
Unser Achtmannzimmer im Schloss
Bericht aus dem OHA vom 25. Mai 2019
Eröffnung Achtmannzimmer im Schloss
Durch einen Zufall wurden das Gestühl und der Tisch vor dem vernichtenden Feuer im Voß-Haus gerettet und stehen jetzt im Schloss
Ein Stuhl fehlt. Er ist nicht mehr auffindbar. So stehen ein mächtiger Eichentisch und sieben der einst acht Stühle im dritten Stock des Eutiner Schlosses. Sie bilden den Mittelpunkt des Achtmannzimmers, dem von Brigitta Herrmann von der Stiftung Schloss und dem Hohen Protektor der Gilde, Christian Herzog von Oldenburg, Platz im dritten Stock des Schlosses Eutin gegeben wurde.
Dabei waren es zu Beginn lediglich sechs Stühle und der Tisch, die im damaligen Voß-Haus eingelagert waren. Ein siebenter Stuhl war schon kaum noch zu gebrauchen. Kurz vor dem vernichtenden Feuer wurden Tisch und Stühle zufällig aus dem Voß-Haus ins Turmzimmer im Schloss gebracht und fristeten seither dort ihr Dasein. Sie dienten früher dem aus acht Mitgliedern bestehenden Vorstand der Gilde einen würdigen Platz am Tisch.
Freuten sich gemeinsam über die Eröffnung des Achtmannzimmers im Schloss Eutin:von links: Wilhelm Masasur, Dieter Schönke, Brigitta Herrmann, Vorsteher Heiko Godow, Christian Herzog von Oldenburg und Jürgen Kehr.Foto Michael Kuhr
„Es gab eine kurze Zeit der Unruhe, ob wir das Achtmannzimmer auch im Eutiner Schloss belassen dürfen“, erinnerte Vorsteher Heiko Godow gestern zur feierlichen Eröffnung der beiden Gilderäume im Schloss im 351. Jahr des Gildebstehens. Doch dann sei es freundlich und schnell entschieden worden. Maßgeblich habe der Hohe Protektor der Gilde, Christian Herzog von Oldenburg, zum Verbleib des Achtmannzimmers im Eutiner Schloss beigetragen. Er wohnte auch der Feierstunde bei.
Heiko Godow dankte vor allem der Stiftung Schloss Eutin mit Geschäftsführerin Brigitta Herrmann, die bei der Realisierung des Projektes so tatkräftig mitgeholfen habe. Vitrinen oder Beleuchtung – alles sei kein Problem gewesen und habe die Kasse der Eutiner Schützengilde von 1668 sehr entlastet. Darüber freute sich auch der anwesende Schatzmeister Jürgen Kehr. Lob erfuhren auch die beiden Schützenbrüder Dieter Schönke und Wilhelm Massur. Sie hätten die Ausstellung im Schloss mühsam zusammengetragen. Ruheständler Dieter Schönke sei eineinhalb Jahre meistens vormittags im Schloss gewesen, um die Ausstellung zu gestalten, Gilde-Kostbarkeiten zu beschriften, zu sortieren und chronologisch zu gestalten. Er habe es genossen, in dieser Zeit mit den Gilde-Kostbarkeiten zusammen zu sein. Die Arbeit habe ihm viel Spaß und Freude bereitet.
Die Gilde dokumentiert mit diesem Achtmannzimmer im Schloss die Verbindung zwischen Hochadel und Bürgertum. Eine Zeit, die schon 351 Jahre zurückliegt, sagte Heiko Godow. Er habe viel in alten Schriften der Gilde gelesen und erfahren, dass es damals viel umsorgen und das kümmern gegangen sei. Über die Jahrhunderte aber sei eines gleich geblieben: „Der jeweilige Chef des Eutiner Schlosses ist immer der Hohe Protektor der Gilde gewesen“, so Heiko Godow stolz und froh. Das sei über viele Generationen so erhalten geblieben. Deshalb seien die Bilder aller Protektoren in der Ausstellung zu sehen. So sei der Protektor stets der Beschützer der Gilde. Ein Ehrenamt.
In der Ausstellung fallen die Besucher (Anmeldung über Schloss Eutin und Führung durch die Gilde) immer wieder über bekannte Eutiner Namen, Menschen, die hier sesshaft waren, Grund und Boden besaßen und damit etwas zu verteidigen hatten – das waren damals Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Eutiner Schützengilde von 1668.
Heiko Godow wünschte sich, dass das Achtmannzimmer vor Feuer, Langfingern und Vandalen bewahrt bleibt und das Interesse von vielen Menschen findet.
Christian Herzog von Oldenburg stellte heraus, dass die Bewohner des Schlosses und die Eutiner Gilde in unterschiedlichen Formen immer zusammengehörten. So sei die Ausstellung des Achtmannzimmers im Schloss eine gute Entwicklung. Im Schloss werde guter, neutraler Schutz gewährleistet. Der Herzog von Oldenburg freute sich über die Ausstellung auch interessanter Stücke aus Silber, denen damit auch neues Leben eingehaucht werde. „Traditionell gehören Schloss und Gilde einfach zusammen“, so der Herzog von Oldenburg.
Neben Achtmannzimmer und Gildesilber gibt es den hölzernen Papagoy zu sehen, Fotos der Schützenkönige oder auch das Silberbesteck, das in jedem Jahr vor dem Umzug der Schützen durch die Stadt getragen wird.
Interessierte Besucher der Ausstellung können sich beim Schloss Eutin (Telefonnummer 04521/70950) melden. Von dort wird Kontakt zur Gilde hergestellt, die die Führung durch das Achtmannzimmer vornehmen wird. Während der Schlossführungen bleibt die Tür zum Achtmannzimmer geschlossen.
Bericht: Michael Kuhr/OHA